Dr. Gerrit Schenk

Weiterbildung in der Allgemeinmedizin

Dr. Gerrit Schenk, niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin, und Sophie Freudenthaler, Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin in Weiterbildung in der Allgemeinmedizin, sprachen mit Astrid Schock über die gemeinsam gestaltete Weiterbildung in der hausärztlichen Gemeinschaftspraxis in Lensahn.

Dr. Schenk, Sie haben die Praxis ihres Vaters im Jahr 2006 übernommen, seit 2011 sind Sie in einer Gemeinschaftspraxis tätig. Wann kam die Idee auf, Ärzte während der Weiterbildung zu unterstützen?
Dr. Gerrit Schenk: Tatsächlich habe ich zu Beginn meiner Tätigkeit noch gar nicht konkret daran gedacht, Ärzte in Weiterbildung zu beschäftigen. Als aber eine Studentin auf unsere Praxis zukam, waren wir uns in der Praxis schnell darüber klar, dass wir junge Kollegen und Kolleginnen gern unterstützen möchten.

Mittlerweile beschäftigen Sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Dr. Carsten Haas drei Fachärzte und derzeit drei Weiterbildungs­assistenten. Welchen Mehrwert sehen Sie für Ihre Praxis in dieser Konstellation?
Schenk: Für mich und meinen Kollegen bedeutet die Zusammenarbeit mit jungen Ärztinnen und Ärzten eine Horizont­erweiterung und ab und an sogar einen neuen Blick auf altbekannte Krankheitsbilder. Nach jahrelanger Tätigkeit muss man sich selbst manchmal eingestehen, dass es Symptome und Krankheitsbilder gibt, die stets nach dem gleichen Prinzip bearbeitet bzw. behandelt werden. Durch verschiedene Fragestellungen der jungen Kolleginnen und Kollegen ergibt sich manchmal ein neuer Blickwinkel, durch den das eigene Handeln überdacht wird.

Wann sprechen Sie im Team über diese Fälle?
Schenk: Bei uns startet die Weiterbildung mit einer Einarbeitungsphase. Diese umfasst – je nach Wissenstand – zwei bis vier Wochen. In dieser Zeit begleitet der Weiterbildungsassistent einen von uns Fachärzten bei der täglichen Arbeit. Danach geht es für die Weiterbildungsassistenten allein in die direkte Patientenbetreuung. Entstehen bei der Behandlung Unsicherheiten, werden wir entweder sofort dazu gerufen und um Rat gefragt oder der Fall wird noch einmal gemeinsam im Team im Anschluss an die Sprechstunde besprochen.

Nach der Einarbeitung gilt es für die Weiterbildungsassistenten, einen eigenen Patientenstamm aufzubauen. Wonach entscheidet sich, welche Patienten von den Weiterbildungsassistenten versorgt werden und wie reagieren die Patienten auf den Arztwechsel? 
Schenk: Grundsätzlich darf es sich jeder Patient selber aussuchen, von welchem Arzt er behandelt wird. Sollte es bei diesem Arzt allerdings zeitlich gerade schwierig sein, empfehlen die MFAs einen Kollegen in der Praxis. Die meisten Patienten freuen sich über eine schnelle Terminvergabe, die sich natürlich durch die Größe der Praxis ermöglichen lässt und vertrauen auf unsere 
Auswahl der angestellten Ärzte. Mittlerweile ist unsere Praxis in Lensahn und Umgebung für die Beschäftigung junger Ärztinnen und Ärzte bekannt und die Patienten erkennen die Vorteile daran. Auch wenn einer von uns ausfällt, können die meisten Termine eingehalten werden. Das ist in kleineren Praxen so meistens nicht möglich.

Wie reagieren Sie, wenn ein Patient doch einmal Kritik hinsichtlich der neuen Ärztinnen und Ärzte und deren Behandlungsansätzen äußert?
Schenk: Dann nehmen wir diese Kritik ernst und gehen darauf ein. Kein Patient soll sich in unserer Praxis unwohl oder nicht ausreichend behandelt fühlen. Wenn ein Patient nur von einem bestimmten Arzt behandelt werden möchte oder eine zweite 
Meinung wünscht, richten wir dies ein – auch wenn es dann mitunter zu längeren Wartezeiten kommen kann.

Ein großes Team, viel fachlicher und kollegialer Austausch, kurze Wartezeiten und wenig Terminausfall für die Patienten. Das sind alles positive Aspekte, die für die Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten sprechen. Gibt es auch negative Punkte?
Schenk: Zunächst würde ich nein sagen. Aber bei der Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten sollte natürlich nicht außer Acht gelassen werden, dass die Verantwortung für die Behandlung der Patienten immer bei dem auszubildenden Arzt bleibt. Das ist ein großer Aspekt, dessen man sich immer bewusst sein sollte und wo es auch einem großen Vertrauen in die Arbeit der jungen Kollegen und Kolleginnen bedarf.

Frau Freudenthaler, wie sind Sie auf die Praxis von Dr. Schenk und Dr. Haas aufmerksam geworden und warum haben Sie sich für diese entschieden?
Freudenthaler: Nachdem ich bereits meinen Facharzt für Innere Medizin absolviert habe und zuletzt sieben Jahre in der Klinik tätig war, wurde mir bewusst, dass ich zukünftig gern im niedergelassenen Bereich tätig werden würde. Eine Freundin von mir hat ihre Weiterbildung bereits bei Dr. Schenk und Dr. Haas absolviert und mir die Praxis empfohlen. Nachdem ich mir diese angesehen habe und ein erster Kontakt stattgefunden hat, war schnell klar, dass es diese Praxis für meine Weiterbildung zur Fachärztin in Allgemeinmedizin werden soll.

Welche Aspekte haben genau für diese Praxis gesprochen?
Freudenthaler: Was mir direkt gefallen hat, war die Größe der Praxis, die ja für eine hausärztliche Gemeinschaftspraxis eher untypisch ist. Durch die vielen fachärztlichen Kollegen und Kolleginnen bietet die Praxis für mich einen großen Erfahrungsschatz, tolle Möglichkeiten zum Austausch und durch meine Vorgänger war schnell klar: die Kollegen hier haben richtig Freude daran, uns weiterzubilden.

Wann ist ihre Weiterbildung gestartet und wie sah der Start konkret aus?
Freudenthaler: Ich habe meine Tätigkeit in der Praxis im Oktober 2022 aufgenommen und bin zunächst bei Dr. Haas im Alltag mitgelaufen. So konnte ich die Software, die Praxisorganisation und erste typische Krankheitsbilder in der Allgemeinarztpraxis kennenlernen. Nach zwei Wochen habe ich meinen ersten Patienten allein behandelt. Durch meine abgeschlossene Weiterbildung zur Fachärztin für Innere Medizin waren mir viele Krankheitsbilder aus der Klinik bereits bekannt.

Gibt es Momente, in denen Sie sich bei der Behandlung eines Patienten unsicher fühlen? In welchen Situationen ziehen Sie die Kollegen zu Rate?
Freudenthaler: Nein, bisher eigentlich nicht. Durch die direkte Anbindung an Dr. Schenk und Dr. Haas habe ich ja stets die Möglichkeit, bei Unsicherheiten direkt nachzufragen und um Rat zu bitten. Durch diesen Rückhalt fühlte ich mich gleich zu Beginn sicher im Umgang mit den Patienten. Aus dem Klinikalltag fehlen mir mitunter Erfahrungen bei Erkrankungen und Behandlungen von Kindern oder beispielsweise den verschiedenen Hautausschlägen. Hier ist es immer gut, eine zweite Meinung direkt einholen zu können.

Wie erleben Sie die Reaktionen der Patienten auf eine Ärztin in Weiterbildung?
Freudenthaler: Die Patienten sind mir gegenüber nahezu alle sehr positiv gestimmt. Die meisten wissen, dass wir Weiterbildungsassistenten ja bereits vorher auch ärztlich tätig waren und haben so Vertrauen in unsere Arbeit – und das ist in meinen Augen das Wichtigste. Aber auch wenn wir einen Kollegen zu Rate ziehen, wird dies positiv aufgefasst und nicht als Schwäche empfunden.

Gab es Patienten, die Ihre Kompetenz angezweifelt haben?
Freudenthaler: Ja, dies ist schon vorgekommen, wenn auch sehr selten. Für mich stellt das kein Problem dar und ich empfinde es nicht als persönliche Kritik. Es gibt eben Patienten, die bereits seit Jahren von ihrem Hausarzt behandelt werden und sich schwer auf neue Situationen einlassen können. Wenn diese dann nach meiner Behandlung eine Zweitmeinung einholen möchten, ist das für mich sehr verständlich und vollkommen in Ordnung.

Ihre Zeit in der Praxis in Lensahn ist begrenzt. Lässt sich trotzdem eine enge Beziehung zu Patienten aufbauen?
Freudenthaler: Ich habe einige Patienten, die ich bereits von Anfang an betreue und bei denen bereits eine gute Beziehung aufgebaut werden konnte. Ich bin mit meinen Patienten aber auch immer ehrlich und kommuniziere, dass ich die Praxis vermutlich nach 24 Monaten wieder verlassen werde. Das empfinden Patienten manchmal als traurig, messen daran aber nicht unser Arzt-Patienten-Verhältnis. 
Vielen Dank für das Gespräch.