Rückschau und Ausblick zum Finale

Kammerversammlung - Die letzte Kammerversammlung dieser Wahlperiode. Diskussion um Entschädigungen zeigt hohe Wertschätzung für die ehrenamtlichen Funktionsträger. Zustimmung zu den Tätigkeitsberichten unterstreicht die gute Arbeit von Haupt- und Ehrenamt.

Arbeits- statt Abschiedsstimmung: Als sich die vor fünf Jahren gewählten Delegierten zur letzten Kammerversammlung dieser Wahlperiode am 22. März im neuen Abgeordnetensaal der KV Schleswig-Holstein trafen, lagen 13 Tagesordnungspunkte und mehrere Stunden intensive Beschäftigung mit wichtigen standespolitischen Themen vor ihnen. Nach der in Kürze startenden Kammerwahl werden die aktuellen Delegierten in dieser Zusammensetzung nicht wieder zusammenkommen – Anlass für den Präsidenten, zunächst auf die ereignisreiche Wahlperiode zurückzublicken. Prof. Henrik Herrmann ist zwar seit 2001 Mitglied in der Kammerversammlung, doch die vergangenen fünf Jahre waren nicht nur wegen seiner Wahl zum Präsidenten die für ihn außergewöhnlichsten. „In diesen fünf Jahren hat sich unsere Welt verändert“, stellte Herrmann mit Blick auf die Ereignisse von Corona-Pandemie bis zum Krieg in der Ukraine fest. Die globalen Ereignisse hatten Auswirkungen auf vieles im ärztlichen Alltag, wie auch auf die Kammer – beides funktionierte trotz der bislang unbekannten Herausforderungen, die bis zu persönlichen Anfeindungen und Beschimpfungen von Funktionsträgern reichten. Die Kammerversammlung musste in der Pandemie nur einmal ausfallen, 14-mal kam sie zusammen und traf zum Teil weitreichende Beschlüsse. Herrmann hob zahlreiche Punkte aus der Vielzahl der behandelten Themen hervor. Ein paar Beispiele:

  • Änderungen der Berufsordnung, u.a. nach intensiver Diskussion zum Thema Sterbehilfe.
  • Die neue Weiterbildungsordnung wurde verabschiedet, damit war Schleswig-Holstein eine der ersten Ärztekammern bundesweit.
  • Die jeweils ersten Facharztprüfungen wurden kostenfrei gestellt.
  • Das Gästehaus Lohmühle wurde verkauft und an neuem Standort neu errichtet.
  • Zahlreiche Projekte, etwa zur Leichenschau oder zur Primärversorgung, wurden erarbeitet und zum Teil mit Leben erfüllt.
  • Eine neue Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen an der Ärztekammer wurde eingeführt und etabliert.
  • Qualifikationsanforderungen für den Erwerb Leitender Notarzt wurden beschlossen.
  • Der Ausbildungssockelbeitrag für die MFA-Ausbildung wurde abgeschafft.

Die wohl größte Herausforderung, der Klimawandel, beschäftigt die Kammerversammlung und die Kammer dauerhaft. Dies äußerte sich u.a. in einem Beschluss zur Nachhaltigkeit und in der Einführung einer Task Force. Ständig präsent in der Kammerarbeit sind auch die Auswirkungen der Gesundheitspolitik. Herrmann nannte sechs Trends, die nach seiner Beobachtung in der deutschen Gesundheitspolitik klar erkennbar sind und auf die sich die Standespolitik einstellen bzw. reagieren müsse:

  1. Zunehmende Zentralisierung und bundesstaatliche Lenkung, zugleich Einschränkung der Länderkompetenzen.
  2. Übereilte Entscheidungen der Politik ohne Konsequenzabwägungen.
  3. Mehr Geld kommt nicht ins System, eher weniger.
  4. Gewollte Schwächung und Ausgrenzung der Selbstverwaltung.
  5. Ausbau der Bürokratie und Überwachung durch Strukturprüfungen mit Sanktionsmechanismen.
  6. Zurückdrängen der ärztlichen Profession.

„Letzteres zieht sich wie ein roter Faden durch alle Entwürfe, Stellungnahmen und Gesetze“, sagte Herrmann, der als Beispiele dafür u.a. Gesundheitskioske und Community Health Nurses anführte. Sein Eindruck: „Der Bundesgesundheitsminister will den Weg in eine staatliche Medizin ebnen, was natürlich nicht offen gesagt wird.“ Umso wichtiger ist aus seiner Sicht, die Selbstverwaltung von innen heraus zu stärken – jedes Mitglied hat dazu die Chance durch die Beteiligung an der Kammerwahl. Wie sehr die Kammerversammlung die Arbeit der Funktionsträger schätzt, zeigte sich in der Diskussion über eine Anhebung der Entschädigungen für die geleistete Arbeit in den gewählten Ämtern ab der neuen Wahlperiode. Bewusst wird diese Frage am Ende einer Legislatur behandelt – zu diesem Zeitpunkt weiß niemand, wer die Ämter nach der Wahl innehat.
Ein Vorschlag des von der Kammerversammlung gewählten Finanzausschusses sah vor, die Entschädigungen für alle Funktionsträger anzuheben – erstmals seit der Anhebung vor fünf Jahren. Wer das Präsidentenamt übernimmt, soll dafür künftig mit 9.750 Euro monatlich (bislang 8.750 Euro) entschädigt werden. Für die Tätigkeit als Vize soll die Entschädigung künftig 4.875 Euro monatlich (bislang 4.375 Euro) betragen. Um exakt zehn Prozent erhöht werden sollen die Entschädigungen für die Ämter Vorsitz Aufsichtsrat Versorgungswerk sowie Vorsitz Verwaltungsrat (neu: jeweils 4.400 Euro monatlich), sowie deren Stellvertreter (neu: jeweils 1.650 €). Die Diskussion hierzu zeigte, dass den Kammerversammlungsmitgliedern der hohe Zeitaufwand für diese Ämter bewusst ist – das Präsidentenamt etwa ist ein Fulltime- Job. Manchen erschien insbesondere die Anhebung für die Vize-Präsidentschaft zu gering, weil die Tätigkeit der amtierenden Dr. Gisa Andresen nach Eindruck vieler extrem zeitraubend ist. Dr. André Kröncke brachte die Meinung vieler Delegierter auf den Punkt, als er sagte: „Den amtierenden Funktionsträgern würde ich noch mehr zugestehen. Aber wir unterhalten uns über ein Amt, von dem wir nicht wissen, wer es künftig bekleidet und wie die Arbeitsaufteilung aussehen wird." Dr. Frank Niebuhr machte deutlich, dass die in dieser Konstellation gewählte Arbeitsaufteilung mit starker Präsenz beider Spitzen auch künftig ratsam wäre. Zugleich wollten die Delegierten nicht zu stark die Bedingungen für die Arbeit in der künftigen Legislaturperiode bestimmen. Sie entschieden sich deshalb mit nur einer Gegenstimme für die vom Finanzausschuss vorgeschlagene Erhöhung. Eine weiter Anhebung ist der neuen Kammerversammlung jederzeit möglich. Mit der Zeitspanne von „nur“ einem Jahr beschäftigten sich die Tätigkeitsberichte, die dennoch ausführlich ausfielen. Dr. Carsten Leffmann, ärztlicher Geschäftsführer der Ärztekammer, stellte u.a. die neuen Mitgliederzahlen vor. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Mitglieder der Ärztekammer Schleswig-Holstein auf 19.511 (Vorjahr 19.131), darunter 10.044 Frauen. Selbstständig niedergelassen in Arztpraxen waren insgesamt 5.839 Mitglieder. Hier sind die Männer mit 3.027 leicht in der Mehrzahl. Unter den in Praxen angestellten Mitgliedern (1.970) wiederum sind deutlich mehr Frauen (1.244) als Männer (726).