Delegierte ziehen Fazit
Prof. Henrik Herrmann
„Der 128. Deutsche Ärztetag hatte Licht und Schatten. Es gab gute Diskussionen und auch gute Beschlüsse. Da denke ich zum Beispiel an den Beschluss, unser Personalbemessungssystem ÄPS BÄK in die Gesetzgebung zu integrieren oder auch an die Beschlüsse in der Weiterbildung, zum Beispiel die Weiterbildungsordnung zu verschlanken.
Darüber hinaus gab es auch ein sehr undifferenziertes Meinungsbild. Dass zum Beispiel dem GBA-Vorsitzenden Josef Hecken zugejubelt wurde, war für mich nicht nachvollziehbar – da hätte ich mir eine etwas kritischere Haltung gewünscht.
Alles in allem hat aber der deutsche Ärztetag gezeigt, dass er nach wie vor ein gutes Austauschforum ist. Was mich besonders beeindruckt hat, war das Engagement der jungen Kolleginnen und Kollegen, die auch ans Rednerpult gegangen sind und ihre Positionen vorgetragen haben. Besonders erwähnen möchte ich die schleswig-holsteinischen Delegierten, von denen viele zum ersten Mal den Ärztetag besucht haben. Sie haben konzentriert und konstruktiv mitgearbeitet. Es herrschte eine tolle Atmosphäre unter den Schleswig-Holsteinern. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.“
Prof. Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein und Mitglied des Vorstands der Bundesärztekammer
Der Deutsche Ärztetag in Mainz war wieder geprägt von intensiven Gesprächen und Diskussionen. Leider dürfte es jedoch wieder nicht gelungen sein, das wichtige Thema der Krankenhausstrukturreform und die damit verbundenen gravierenden Veränderungen v.a. für die Bevölkerung zu kommunizieren. Dazu war die Berichterstattung zu sehr auf Medien, die hauptsächlich für Mediziner zugänglich sind, ausgerichtet. Es wäre eine Chance gewesen, die Bevölkerung vorzubereiten. Dabei ist mir natürlich bewusst, dass es nicht die Aufgabe von uns Ärzten, sondern die der Politiker ist, der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken.
Desweiteren muss das Timing in den Sitzungen verbessert werden. Es kann nicht sein, dass in jedem Jahr dasselbe Schauspiel stattfindet und wichtige Entscheidungen, die eigentlich in genau diesem Ärzte-Parlament getroffen werden sollen, aus Zeitgründen massenhaft an den Vorstand überwiesen werden. So wurde in meinen Augen z.B. die Weiterbildung vernachlässigt und in diesem Jahr sogar die Rednerliste bereits vor Beginn der Diskussionen geschlossen. Das zeigt, welchen Stellenwert die Weiterbildung für uns Ärzte selbst hat, und ist ein Armutszeugnis – das Problem wird uns einholen. Positiv möchte ich aber feststellen, dass es viele Teilnehmende gab, die sich v.a. im Dialogforum für eine gute Weiterbildung einsetzten und auch auf den Sitzungen engagiert auftraten. Vor allem unsere Kammer brachte frischen Wind auf den Ärztetag und darauf können wir stolz sein.
Prof. Doreen Richardt, LL.M, Vizepräsidentin der Ärztekammer Schleswig-Holstein
Prof. Dorren Richardt
Anne Schluck
„Mein Fazit fällt wechselnd aus. Zum einen war der Ärztetag interessant und sehr inspirierend, weil ich mich mit vielen Kolleginnen und Kollegen vernetzen konnte.
Aber ich bin auch etwas betrübt, weil unser Antrag zu ressourcenschonenden Fortbildungen sogar mit Nichtbefassung bestraft wurde. Jetzt schauen wir aber, wie wir das Thema aus Schleswig-Holstein heraus weiter nach vorne bringen können.“
Anne Schluck, Fachärztin für Innere Medizin und Vorstandsmitglied der Ärztekammer Schleswig-Holstein
Hannah Teipel
„Ich freue mich und bin dankbar, beim Ärztetag dabei sein zu können. Ich finde es toll, dass man hier eine Stimme hat und die Chance, gehört zu werden. Insbesondere freue ich mich, die Meinung von jungen Ärztinnen und Ärzten zu vertreten und ich würde es begrüßen, wenn in den Folgejahren noch mehr jüngere Kolleginnen und Kollegen dabei sind und sich engagieren, um unserer Meinung noch mehr Stimme zu verleihen.
Insgesamt könnte man mehr an der Effizienz des Ärztetags arbeiten, im Sinne von mehr Struktur und sortierteren Beiträgen.“
Hannah Teipel, Ärztin in Weiterbildung, UKSH Kiel und Mitglied des Vorstands der Ärztekammer Schleswig-Holstein
Dr. Norbert Jäger
„Da ich schon auf mehreren Ärztetagen war und mich immer wieder als Delegierter melde, fällt mein Resümeé wie immer positiv aus. Ärztetage sind für mich gelebte Demokratie der deutschen Ärzteschaft. Es freut mich, dass wir dieses Jahr mit vielen Delegierten aus Schleswig-Holstein angereist sind, die zum ersten Mal dabei sind und die sehr engagiert mitdiskutiert haben. Ich bin nach wie vor vom Ärztetag begeistert bis ergriffen.“
Dr. Norbert Jaeger, Arzt im Ruhestand aus Kiel und freiberuflicher Notarzt
Dr. Victoria Witt
„In vielen der berufspolitischen Debatten spiegelten sich aktuelle und zukünftige Herausforderungen des Gesundheitssystems. Besonders spannend fand ich in diesem Zusammenhang die Ein- und Ausblicke wie uns Technik oder künstliche Intelligenz (KI) dabei behilflich sein können, diesen Herausforderungen besser zu begegnen. Darunter das Personalbemessungstool zur Berechnung des ärztlichen Personalbedarfes (ÄPS-BÄK), der Sachstand zum e-Logbuch, die Ansage des amerikanischen Ärztepräsidenten KI „will change everything in healthcare“ oder Anträge zu diesem Themenbereich.
Enttäuscht war ich an einzelnen Stellen von leeren Absichtserklärungen: einerseits schwor Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt die Delegierten mit einer flammenden Resolution „Nie wieder ist jetzt!“ unter tosendem Applaus auf Demokratie, Pluralismus und Menschenrechte ein. Andererseits schaffte es der Antrag eine gendersensible Sprache in der Satzung der Bundesärztekammer zu verwenden und damit Wertschätzung für alle Ärztinnen und Ärzte zu signalisieren nur mit ganz knapper Mehrheit. Auch unser Schleswig-Holsteiner Antrag Kriterien für ressourcenschonende und klimaneutrale ärztlichen Fortbildungen zu entwickeln, statt nur die unspezifische Absicht in der (Muster-)Fortbildungsordnung zu benennen, wurde abgeschmettert. Aber auch das ist Demokratie! An dem Thema Klimaschutz bleiben wir trotzdem dran. Zusammenfassend nehme ich viele Eindrücke und Motivation für die Kammerarbeit mit. Die Selbstverwaltung ist und bleibt eine großartige Chance sich einzubringen und Einfluss auf wichtige gesundheitspolitische Themen zu nehmen.“
Victoria Witt, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Gesundheitsamt Bad Segeberg und Vorstandsmitglied der Ärztekammer Schleswig-Holstein
Dr. Christine Schwill
„Ich habe es als großes Privileg empfunden, dass ich zum ersten Mal beim Ärztetag dabei sein durfte. Von der Ärztekammer habe ich mich gut begleitet gefühlt: Die Organisation im Vorfeld und vor Ort wurde professionell durchgeführt. Ich habe mich immer mitgenommen gefühlt.
Die Eröffnungsfeier fand ich sehr bewegend. Vor allem die Reden gegen Rassismus, die in der heutigen Zeit sehr wichtig sind, waren eindrucksvoll, weil sie direkt ein Statement mitgebracht haben: Dass wir Ärzte ganz klar für Demokratie stehen. Dabei hatte ich das Gefühl einer geeinten Ärzteschaft – das hat mich sehr gefreut.
Natürlich war der Ärztetag auch anstrengend. Gerade für einen Neuling ist es nicht immer leicht, bei allen Anträgen und Abstimmungen mitzukommen. Deswegen ist es gut, dass ich da hineinwachsen darf. Mich haben teilweise Kontroversen und Diskussionen befremdet. Zum Beispiel ist die Haushaltsdiskussion sehr kontrovers verlaufen. Auf der anderen Seite war ich aber auch beeindruckt von der Diskussionskultur, in der auch Fehler zugegeben wurden.
Für den nächsten Ärztetag wünsche ich mir, dass wir in der Ärztekammer im Vorfeld mehr darüber sprechen, welche Themen wir besetzen wollen und welche Anträge wir stellen wollen.
Dr. Christine Schwill, Fachärztin für Innere Medizin und Allgemeinmedizin und Vorstandsmitglied der Ärztekammer Schleswig-Holstein
Franziska Fick
„Ich habe spannende Diskussionen erlebt, aber auch ein wenig langwierige Abstimmungen. Ein wichtiges, eindeutiges Zeichen für eine offene, respektvolle Gesellschaft direkt am Anfang zeigt die Grundsätze, auf deren Basis wir arbeiten. Wir konnten viele Eindrücke und Inspirationen sammeln, die wir mit nach Schleswig-Holstein in die Kammerarbeit nehmen. Wir werden jetzt schauen, wie wir mit unserem Antrag auf ressourcenschonende Fortbildungen umgehen, mit dem sich der Ärztetag leider nicht befasst hat. Das Thema werden wir nicht ruhen lassen, weil es für die Zukunft des Gesundheitswesens sehr wichtig ist. Als Gynäkologie hat mich auch die Diskussion um die Schwangerschaftsabbrüche sehr interessiert.
Für nächstes Jahr wünsche ich mir, dass wir als Delegierte im Vorfeld die Themen noch mehr vorbereiten. Danke an alle Kammermitglieder für das Vertrauen und ganz besonders den anderen, erfahrenen Delegierten aus Schleswig-Holstein, die mich auf meinem ersten Ärztetag wunderbar unterstützt haben! Das macht Lust auf den nächsten.“
Franziska Fick, Ärztin in Weiterbildung, UKSH Lübeck
Kevin Lütje
„Der 128. Deutsche Ärztetag in Mainz war eine bereichernde und inspirierende Veranstaltung, die durch eine kollegiale Atmosphäre und überwiegend große inhaltliche Übereinstimmung geprägt war. Als erstmaliger Teilnehmer empfand ich die Organisation und die digitalen Abstimmungs- und Antragsmöglichkeiten als sehr gelungen. Hier könnte sich die ÄKSH einiges abschauen. Erfreulicherweise wurde ein von mir mit eingebrachter Antrag nach 2. Lesung angenommen, in dem Weiterbilder zur Teilnahme an einem Train-the-Trainer-Programm verpflichtet werden. Dies wird zu einer Professionalisierung der Weiterbildung führen. Auch wenn die meisten Beschlüsse mit großer Mehrheit angenommen wurden, wie bspw. das Streichen der Homöopathie aus der GOÄ, so sind doch wichtige Anträge zur Klimaneutralität in der Versenkung verschwunden, indem sie quasi von der Tagesordnung genommen wurden. Der Präsident und der Vorstand versicherten jedoch, dass diese Themen der Klimaneutralität im Gesundheitswesen trotz Nichtbefassung auf dem Ärztetag Gehör gefunden haben und Konzepte zur Abstimmung auf dem nächsten Deutschen Ärztetag in Leipzig erarbeitet werden.“
Kevin Lütje, Facharzt für Innere Medizin