Zuckersteuer: Verbraucherzentrale macht Druck
Von einer Herstellerabgabe auf besonders zuckerhaltige Lebensmittel verspricht sich die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VZSH) eine Reduzierung des übermäßigen Zuckerkonsum. Sie begründete dies mit den gesundheitlichen Folgen und führte u.a. Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an, wonach der tägliche Zuckerkonsum 10 Prozent der gesamten Energieaufnahme nicht überschreiten solle. Bei einem gesunden, normalgewichtigen Erwachsenen seien dies rund 50 Gramm Zucker am Tag. Zum Vergleich: Bereits ein Glas „normale“ Cola oder Limonade (250 ml) enthält etwa 30 Gramm Zucker.
„Eine solche Steuer kann erheblich dazu beitragen, die tägliche Zuckeraufnahme zu reduzieren und damit das Risiko für die Entstehung von Karies, Adipositas und dessen Folgeerkrankungen zu verringern. Der Anreiz für Getränkeproduzenten wäre groß, den Zuckergehalt zu senken. Denn nur so könnten sie die Steuer vermeiden“, zitierte die Verbraucherzentrale ihren Vorstandsvorsitzenden Vitalij Baisel in einer Mittelung.
Darin verwies sie auch auf die Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat. Diese Strategie ziele darauf ab, unter anderem den Zuckergehalt in Fertiglebensmitteln deutlich zu reduzieren. Bisher sprachen sich die Regierungsparteien auf Bundesebene nach Wahrnehmung der Verbraucherzentrale nicht deutlich genug für die Einführung einer „Zuckersteuer“ aus. „Dass die Schleswig-Holsteinische Landesregierung dieses Thema angeht, ist ein längst notwendiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, sagte Baisel.
Nach CDU-Kurswechsel Mehrheit im Landtag möglich
Die Koalitionsfraktionen von CDU und Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag wollen sich auf Bundesebene für eine nationale Zuckersteuer einsetzen. Ziel sei es, Kinder und Jugendliche besser vor Übergewicht, Diabetes und anderen Folgeerkrankungen zu schützen. Zudem sollten mögliche Mehreinnahmen aus einer Zuckerabgabe für Präventionsprogramme verwendet werden. „Ich freue mich über den Kurswechsel der CDU beim Thema Zuckersteuer“, wurde der grüne Gesundheitspolitiker Jasper Balke in einer Mitteilung des Landtages zitiert. Seit Jahren sei bekannt, dass die in Großbritannien eingeführte Steuer den Zuckerkonsum insbesondere bei Kindern und Jugendlichen drastisch reduziere.
Die SPD-Fraktion brachte einen eigenen Antrag ein, der einen Schritt weiter geht. Darin forderte sie eine Herstellerabgabe auf stark gezuckerte Getränke und Lebensmittel, um die gesamte Lebensmittelbranche zu einer Reduktion des Zuckergehalts zu bewegen. „Die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie hat bisher wenig bewirkt“, hieß es zur Begründung. SPD-Gesundheitspolitikerin Birte Pauls kündigte an: „Wir nehmen CDU und Grüne in ihrem Engagement für mehr Prävention und Gesundheitsförderung beim Wort.“ Die Landesregierung müsse sich im Bund aktiv einsetzen.
Schleswig-Holstein hatte sich im vergangenen Jahr bei einer ähnlichen Bundesratsinitiative noch enthalten, nachdem Bedenken aus dem Landwirtschaftsministerium gekommen waren. Kürzlich hatte die CDU Schleswig-Holstein aber einen Kurswechsel angekündigt und sich zur Einführung einer Zuckersteuer bekannt.
In Großbritannien wirkt die Zuckersteuer
Andere Länder sammeln bereits Erfahrungen mit einer „Zuckersteuer“. Als Beispiel nannte die Verbraucherzentrale Großbritannien, das die „Soft Drinks Industry Levy“ 2018 für Hersteller eingeführt hatte. Ab fünf Gramm Zucker pro 100 Millilitern beträgt die Steuer dort 18 Pence pro Liter, ab acht Gramm Zucker werden 24 Pence pro Liter fällig. In der Folge senkten die Hersteller den Zuckergehalt in ihren Softdrinks und die Konsumenten nahmen deutlich weniger Zucker auf. Der tägliche Zuckerkonsum durch Softdrinks hat sich bei Minderjährigen in Großbritannien seitdem nach Angaben der Verbraucherzentrale fast halbiert – mit entsprechenden gesundheitlichen Vorteilen wie einer geringeren Häufigkeit von Übergewicht und weniger Kariesfällen in der Bevölkerung.
Zugleich wies die Verbraucherzentrale darauf hin, dass aus ihrer Sicht weitere Maßnahmen eine Zuckersteuer flankieren müssten. Als Beispiel nannte sie den flächendeckenden Ausbau von Präventions- und Informationsangebote zum Zuckerkonsum. (PM/RED)



