Auch wenn es propagiert und modern interpretiert wird bzw. jede Menge Verbände unterschrieben haben: Das ältere und allgemeinere Ärztliche Gelöbnis und leider auch der aus Kliniker-Sicht formulierte Ärzte Codex der DGIM bleiben unbefriedigend. Richtig bleibt: Die entscheidende Vertrauensposition gegenüber ihren Schutzbefohlenen verlieren Ärzte, wenn sie statt fachlichen Standards, guter klinischer Praxis und Leitlinien basiertem Handeln ökonomischen Fehlanreizen im System folgen. Dass allerdings unökonomisches Verhalten unethisch ist, weil Verschwendung überwiegend solidarisch aufgebrachter Mittel, darf hier Fußnote bleiben.
Die viel größere Herausforderung liegt nämlich zunehmend in der Organisation von Knappheit. Das ist keine Frage einer nur bilateralen und individuellen Arzt-Patient-Beziehung, auch wenn die damit verbundenen ethischen Konflikte vorwiegend auf unseren ärztlichen Schultern lasten.
Medizin darf und muss auch der Solidargemeinschaft verpflichtet sein. Dies schränkt die Absolutheit der Fürsorge des Arztes gegenüber dem Einzelnen richtigerweise ein. Eine öffentlich geradezu sträflich aufrecht erhaltene Fiktion ist die des Anrechts eines jeden Patienten auf alles als „notwendig“ Bezeichnete und die des Arztes als natürliche Allokationsinstanz. Beides kann nicht funktionieren.
„Panzer statt Pillen“ spitzt zu, wo das Problem liegt: Gesellschaftliche Ressourcen konkurrieren und sind grundsätzlich knapp. Medizin wird immer teurer und schlechter finanzierbar – das Anheben der Zusatzbeiträge ist jüngster Beweis aus deutscher Praxis. Erstaunlicherweise scheinen wir nicht sehen zu wollen, dass Allokationsentscheidungen im zwangssolidarisch finanzierten System politischer Rechenschaftspflicht unterliegen – sie können als Wertentscheidungen ihrer Art nach gar nicht ins Ermessen einzelner Ärzte delegiert werden.
Wenn es im täglichen Klein-Klein zunehmend um konkrete Verweigerung von medizinischen Interventionen mit mutmaßlich problematischem Aufwand-Nutzen-Verhältnis gehen wird, wird das Konfliktpotential offenkundig. Achtung: wir haben hier für das hohe Gut der Finanzierbarkeit des Systems…