
Kieler MRT-Kongress unterstreicht Bedeutung der Bildgebung
Die Konferenz brachte führende Wissenschaftler, Kliniker und junge Forscher aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den nordischen Ländern zusammen, die auf dem Gebiet der Magnetresonanztomographie (MRT) tätig sind. „Die vielen eingereichten Abstracts haben es uns ermöglicht, ein fantastisches Programm zusammenzustellen“, sagte Konferenzpräsident Prof. Jan-B. Hövener aus Kiel (Interview unten). Veranstaltet wurde die Konferenz zum zweiten Mal nach 2019 von der 2010 gegründeten Sektion Biomedizinische Bildgebung (SBMI) der Klinik für Radiologie des UKSH und der Medizinischen Fakultät – einem interdisziplinären Team aus Physik, Chemie, Biologie, Material- und Computerwissenschaften, das sich der Weiterentwicklung der biomedizinischen Bildgebung verschrieben hat.
Magnetresonanztomographie (MRT) ist eine weitverbreitete und verlässliche nicht-invasive Bildgebungsmethode, die es erlaubt, ins Körperinnere zu schauen, ohne diesen aufzuschneiden. Angewendet wird die röntgenstrahlenfreie Magnetresonanz in nahezu allen Bereichen der Medizin, wobei die Entwicklung der Technologien wie so oft aus der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung kommt; vor allem aus Physik und Data Science. Wesentliches Ziel der Bildgebungsforschung ist es, die medinische Versorgung – von der Früherkennung zur Therapieentscheidung und deren Überwachung – weiter zu optimieren und auch das Verständnis von gesunden und pathologischen Prozessen zu verbessern. Dies gelingt unter anderem dadurch, dass neue Parameter wie zum Beispiel der Stoffwechsel durch neue Technologien abgebildet werden können oder dass bestehende Marker schneller oder besser sichtbar gemacht werden.
Eines der aktuell bedeutendsten Themen in der Bildgebungsforschung ist das sogenannte Metabolische MRT. „Unsere Entwicklungen von hyperpolariserten Kontrastmitteln für die Magnetresonanztomografie ermöglicht neben der Visualisierung der Anatomie in Zukunft auch die Beobachtung von Stoffwechselprozessen im Körper – und zwar in Echtzeit“, erläutert Prof. Hövener. Diese Fähigkeiten könnten insbesondere in der Krebstherapie und zur Untersuchung der Medikamentenwirksamkeit zur Geltung kommen, so der Sektionsleiter. In Kiel werden derzeit hyperpolarisierte Kontrastmittel entwickelt, um damit später MRT-basiert Stoffwechselvorgänge im Körper sichtbar zu machen – und zwar mit einer Signalverstärkung, die bis zu 10.000-mal stärker ist als bei herkömmlichen MRT-Messungen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert diese Entwicklung in Kiel aktuell mit rund 3,5 Millionen Euro, Damit wird das Team um Prof. Hövener ein Norddeutsches Zentrum für Hyperpolarisierung („Northpole“) einrichten. „Aber auch Methoden ohne Hyperpolarisierung sind sehr spannend für diesen Zweck“, erklärte Hövener und nannte unter anderem die Bildgebung Deuterium-markierter Stoffe. Die Teilnehmer hatten nach der Konferenz die Gelegenheit, die Labore der Gruppe an Uni und UKSH zu besichtigen und die Technologien näher kennen zu lernen.
Zwei weitere spannende Forschungsthemen standen ebenfalls im Fokus der Tagung: Zum einen wird über ein lymphatisches System des Gehirns geforscht, das sogenannte Glymphatische System. „Wenn wir hier Fortschritte erzielen, könnte dies bahnbrechende Auswirkungen auf die Hirn- und Demenzforschung haben“, erläuterte Prof. Hövener. Das Glymphatische System wird häufig als eine Art „Müllabfuhr des Gehirns“ bezeichnet. Vermutlich sorgt es dafür, dass neurobiologische „Abfallstoffe“, die im Hirn beim Denken, Erinnern und anderen Funktionen entstehen, aus dem Gehirn „gespült“ werden. Der Name setzt sich aus Glia, den Stützzellen im Gehirn, und dem lymphatischen System zusammen. Dieses System ist schwer zu fassen – die MRT könnte aber die einzige Technologie sein, die verschiedene Aspekte der Funktionsweise messen kann, so der Kieler Forscher.
Zum anderen ging es um die Entwicklung „offener“ MRT-Umgebungen. Je nachdem, wie ein MRT-Gerät programmiert wird, ergeben sich gänzlich unterschiedliche Bilder. „Die Programmierung der MRT ist deshalb seit jeher ein großer und wichtiger Forschungszweig, Stichwort Sequenzentwickelung“, erläutert Prof. Hövener. Bislang waren Kliniken und Forschungseinrichtungen allerdings auf die Programmierumgebungen der Hersteller angewiesen. Ein neuer Trend ist es, diese Hersteller-eigenen-Umgebungen durch Community-Lösungen zu ersetzen, so dass MRTs einfach programmiert werden können. Dieses Thema war außerdem Gegenstand eines zweitägigen Workshops vor der Konferenz mit Sprechern aus Deutschland und Österreich – den „Open MR-Days“.
Neben den zahlreichen Grundlagen-dominierten Vorträgen gehörte auch eine klinisch tätige Wissenschaftlerin zu den Keynote-Speakern des Kongresses: Kinderkardiologin Prof. Inga Voges vom UKSH Campus Kiel erforscht komplexe kardiale Krankheitsverläufe, insbesondere bei univentrikulären Herzfehlern. Sie leitet die Sektion Kardio-MRT in der Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie und hatte sich aktuelle Standards und künftige Entwicklungen in der kardialen Magnetresonanztomographie zum Thema gesetzt.
Interview mit Prof. Jan-B. Hövener, Leiter der Sektion Biomedizinische Bildgebung (SBMI) in Kiel

Wie ist der Kongress aus Ihrer Sicht gelaufen?
Prof. Jan-B. Hövener: Die vielen eingereichten Abstracts haben es uns ermöglicht, ein fantastisches Programm zusammenzustellen, das Themen von der Grundlagenphysik bis zur klinischen Anwendung abdeckt und die Breite und Qualität der MR-Forschung in unserer Region zeigt. Der Erfolg der Konferenz spiegelte sich in mehr als 130 Konferenzteilnehmern und über 90 Konferenzbeiträgen wider, die in Form von Vorträgen, Posterpräsentationen und Keynote-Vorträgen präsentiert wurden.
Die Veranstaltung war sehr international aufgestellt.
Prof. Jan-B. Hövener: Ja, erstmals waren auch zahlreiche Vertreter aus den nordischen Ländern dabei. Die Begeisterung der Community für praktisches Lernen und technischen Austausch wurde durch die Workshops vor und nach dem Kongress unterstrichen, an dem mehr als 50 Forschende aus allen Teilnehmerländern dabei waren. Dies zeigt die wachsenden internationalen Verbindungen unseres Instituts in der medizinischen Bildgebungsforschung sowie die Rolle Kiels in der MRT-Entwicklung in Deutschland und Nordeuropa.
Sie haben die Nachwuchsförderung zu einem wichtigen Kongressthema erhoben. Welche besonderen Möglichkeiten haben Nachwuchswissenschaftler in Ihrem Bereich?
Prof. Jan-B. Hövener: Medizinphysik und Bildgebung sind aufstrebende Forschungsbereiche, entwickelt sich die Technologie aktuell doch so schnell voran wie nie zuvor. Gleichzeitig ist dieser Bereich sehr kommerzialisiert mit global tätigen Firmen. Daher hat der Nachwuchs sehr gute Möglichkeiten, um eine akademische Karriere einzuschlagen oder in die freie Wirtschaft zu gehen. Wir hatten beim Kongress eine Session, bei der sich Firmen und Wissenschaftler vorstellten und mit dem Publikum diskutierten – das war sehr lebhaft und sicherlich ein Highlight des Kongresses.
Das von Ihnen geleitete Institut SBMI gehört zur Klinik für Radiologie und Neuroradiologie: Wie eng ist Ihr Austausch mit behandelnden Ärzten innerhalb und außerhalb der Klinik?
Prof. Jan-B. Hövener: Um unsere Forschung auch anwenden zu können, ist die Anbindung an die Klinik essentiell. Besonders ist für uns natürlich, dass unsere Forschungsergebnisse direkt von den Ärzten aufgenommen werden können. Wir kooperieren neben der Radiologie unter anderem auch mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Orthopädie oder Kinderkardiologie.
Vielen Dank für das Interview.






